Das beste Produktmanagement-Modell

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Sohrab Salimi

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Häufig werde ich gefragt: “Google verdient so viel Geld. Wie können wir unser Produktmanagement an das von Google anpassen?” oder “Apple entwickelt so tolle Produkte. Wie können wir unser Produktmanagement an das von Apple anpassen?” Es ist verständlich, dass man sich Apple oder Google anschaut und glaubt, man könne einfach kopieren, was sie tun. Das könnte aber ein großer Fehler sein.

Individuelles Produktmanagement

Verstehen Sie mich nicht falsch. Apple und Google haben ganz unterschiedliche Ansätze für das Produktmanagement und im Großen und Ganzen sind sie genau richtig für das jeweilige Unternehmen (zumindest solange deren Gründer weiterhin ein so starkes Engagement für die Produkte an den Tag legen).

Ich habe aber noch nie einer Firma empfohlen, das Produktmanagement-Modell von Google zu übernehmen. Und um das Modell von Apple übernehmen zu können, müsste man schon Steve Jobs klonen.

Das Produktmanagement von Google ist sehr speziell und das muss es wohl auch sein. Das Gleiche gilt für Apple.

Es gibt zwar einige Fähigkeiten, die für alle Produktmanager im Technologiebereich wichtig sind (Bewerten von Möglichkeiten, Definieren von Produktprinzipien, Product Discovery und Testen von Prototypen). Allerdings gehört schon etwas mehr dazu, wenn man mit einer Organisation Erfolg haben möchte.

Was ist das beste Modell für Ihre Organisation?

Es ist fast wie bei einer Sportmannschaft. Natürlich ist es extrem wichtig, gewisse Fähigkeiten zu haben. Wenn man z. B. keinen Ball fangen kann, kommt man beim Football nicht weit. Zum Gewinnen gehört jedoch mehr. Man muss einen Spielplan bzw. eine Strategie haben und ein Teamplayer sein, der sich an die Gegner, das Spielfeld und die Begleitumstände anpassen kann.

Für eine erfolgreiche Produktmanagement-Organisation muss man ebenfalls mehr tun, als nur das fachliche Können der Produktmanager auszubauen. Man muss auch dafür sorgen, dass sie verstehen, wie sie – als wesentlicher Bestandteil der Produktentwicklungsorganisation und des Entwicklungsprozesses – effektiv mit dem Rest des Teams zusammenarbeiten können. Außerdem müssen die Produktmanager wissen, wie sie die Art Produkte entwickeln können, die das Unternehmen benötigt, und wie man sich auf den jeweiligen Märkten behaupten kann.

Faktoren für das richtige Produktmanagementmodell

Wenn ich gemeinsam mit einer Firma überlege, welches wohl das “beste” Modell für das Produktmanagement für sie sein könnte, berücksichtige ich verschiedene Faktoren:

– Die Produktart: Um welche Art Produkt handelt es sich? Um einen Onlinedienst oder ein elektronisches Gerät für Privatkunden? Oder vielleicht um Unternehmenssoftware oder Dienstleistungen für kleinere Unternehmen? In jedem dieser Fälle gibt es ganz spezifische Anforderungen und das Modell sollte darauf abgestimmt sein.

– Der Entwicklungsprozess: Wenn ein Entwicklungsteam beispielsweise mit Scrum arbeitet, gibt es ganz bestimmte Anforderungen an Produktmanager und Entwickler. Es ist sehr wichtig, den Produktentwicklungsprozess zu verstehen. Jeder Prozess stößt irgendwann an seine Grenzen und das “beste” Modell für das Produktmanagement sollte diese Grenzen aktiv angehen.

– Die Funktion des Produktmanagements: In vielen Unternehmen werden die Rollen und Verantwortlichkeiten ganz unterschiedlich aufgeteilt. Das “beste” Modell ist eines, bei dem die Mitarbeiter genau die Rolle ausführen können und auch möchten, die gebraucht wird. Das Gleiche gilt für andere wichtige Rollen, wie der der Interaktionsdesigner oder Entwickler, der Gründer oder der Geschäftsleitung.

– Die Größe der Organisation: Bei einem 12-köpfigen und mit Wagniskapital gegründeten Start-up-Unternehmen mit einem sehr engagierten und produktorientierten Gründer gibt es ganz andere Anforderungen als bei einer Aktiengesellschaft mit 4.000 Mitarbeitern und einem breiten Kundenstamm.

– Die Unternehmenskultur: Das kann manchmal durchaus der wichtigste Faktor sein. Wenn in einem Unternehmen beispielsweise ein oder zwei Personen erfolgreich alle wichtigen Entscheidungen im Bezug auf das Produkt treffen (und man auch weiterhin so vorgehen möchte), wird ein Modell benötigt, das diese Vorgehensweise unterstützt anstatt dagegen anzukämpfen.

Apple, Google, Microsoft, eBay und Yahoo haben ganz unterschiedliche Modelle für das Produktmanagement und das müssen sie auch. Sind sie ausbaufähig? Definitiv. Kann man Dinge voneinander lernen? Auf jeden Fall. Man kann sich aber nicht verbessern, wenn man versucht, mit Gewalt das Modell einer bestimmten Firma auf eine andere zu übertragen.

Außer wenn eine Firma sich entschieden hat, ihre Unternehmenskultur zu ändern, versuche ich immer, die Firmen zu animieren, sich auf die Stärken in ihrer Kultur oder ihrem Prozess zu konzentrieren, und sorge dafür, dass ein Modell gewählt wird, das aktiv an den Schwachstellen arbeitet.

Dieser Text stammt aus dem Blog von Marty Cagan und wurde von uns ins Deutsche übersetzt.