9 Tipps für leistungsfähigere Teams

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Sohrab Salimi

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In meinem letzten Blogbeitrag habe ich über die Forschungsergebnisse einer Team-Studie von Google geschrieben. Der wichtigste Faktor erfolgreicher Teams war laut dieser Studie die psychologische Sicherheit.

Was ist psychologische Sicherheit?

Professorin Amy Edmondson von der Harvard Business School definiert es als „den gemeinsamen Glauben der Teammitglieder, dass sie vor zwischenmenschlichen Risiken sicher sind”. Psychologische Sicherheit ist das „Vertrauen, dass niemand vom Team für eine Äußerung bloßgestellt, zurückgewiesen oder bestraft wird”, schrieb Edmondson in einer 1999 veröffentlichten Studie. „Es beschreibt ein Klima im Team, das sich durch zwischenmenschliches Vertrauen und gegenseitigen Respekt auszeichnet und in dem die Leute sie selbst sein können.”
Im Rahmen der agile100 Eventserie hielten die Experten Gitte Klitgaard und Joseph Pelrine zudem Vorträge über psychologische Sciherheit. Bei Gitte Klitgaard ging es um "Psychologische Sicherheit und mentale Gesundheit bei Krisen", während sich Joseph Pelrine vor allem mit der psychologischen Sicherheit in virtuellen Räumen befasste,

Wie erschaffen wir psychologische Sicherheit im Team?

Hier sind neun Tipps, mit denen Sie psychologische Sicherheit im Team schaffen und die Ihrem Team zu Hochleistungen verhelfen:

1) Sie arbeiten mit einem neuen Team? Dann beginnen Sie mit einem Test.
Jeder soll ganz anonym auf ein Post-It schreiben, wie sicher er/sie sich auf einer Skala von 1-5 fühlt:

  1. Ich spreche alles an. Ich kann über alle Probleme reden. Ich fühle mich sicher.

  2. Ich spreche fast alles an. Über manche Probleme kann ich nicht ganz so gut reden.

  3. Ich spreche einige Dinge an. Über andere werde ich eher nicht reden.

  4. Ich spreche nur wenige Dinge an. Ich überlasse es lieber anderen, gewisse Dinge anzusprechen.

  5. Ich lächele, behaupte, alles sei gut, und gebe meinem Chef oder Manager immer recht. Ich spreche Probleme nicht gerne an. Ich fühle mich hier nicht sicher.

Wenn jeder eine Zahl aufgeschrieben und den Zettel zusammengefaltet hat, werden die Zettel eingesammelt und ausgewertet. Wenn die Antworten zwischen 1 und 3 liegen ist alles in Ordnung. Wenn sie jedoch zwischen 3 und 5 liegen, gibt es Probleme mit dem Sicherheitsgefühl im Team, gegen die man etwas unternehmen sollte. Achten Sie auch auf jeden Ausreißer, denn auch wenn nur eine 4 oder 5 dabei ist, bedeutet das, dass das Team nicht für jeden sicher genug ist.

2) Arbeitsvereinbarungen und Teamregeln. Die Arbeitsvereinbarungen, die das Team trifft, wecken gegenseitige Erwartungen. Dadurch werden viele alltägliche Dinge viel konkreter. Man kann sich beispielsweise darauf einigen, dass die Kernarbeitszeit des Teams zwischen 10:00 Uhr und 14:00 Uhr liegt und dass in dieser Zeit alle Teammitglieder im Teamraum anwesend sein sollten. Andere Beispiele für solche Vereinbarungen können sein: „Respektvoll über Probleme sprechen” oder „In der Mittagspause keinen Fisch in der Mikrowelle im Teamraum erwärmen”. Oft sind es die kleinen Dinge, an denen man sich aufreibt. Arbeitsvereinbarungen helfen daher allen, festzulegen, worauf man sich einlässt. Diese Vereinbarungen entstehen zeitgleich mit der Weiterentwicklung des Teams.

3) Ein gemeinsamer Arbeitsort. Täglich am selben Ort zusammenzuarbeiten, ist die schnellste Möglichkeit, Arbeit zu erledigen. Es gibt keine Verzögerung bei der Kommunikation durch Meetings oder Koordinationsaufwand. Durch nonverbale Kommunikation wird die echte und authentische Kommunikation enorm gesteigert. Die Zusammenarbeit am selben Ort reduziert digitale Ablenkungen sowie den Bedarf für E-Mails und IM. Am selben Ort zu arbeiten, ist ein großer Motivationsfaktor. Finden Sie es nicht auch einfacher, zum Sport zu gehen, wenn ein Freund mitkommt? Teamkollegen können zwar manchmal als störend empfunden werden, meistens helfen sie sich aber gegenseitig, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Menschen sind soziale Wesen und in einem gut funktionierenden Team zu arbeiten, kann viel mehr Spaß machen.

4) Machen Sie Retrospektiven zu einem festen Bestandteil ihrer Arbeit. Wenn Sie über Ihre Arbeit reflektieren und sie verbessern, wird das Ihr Leben vereinfachen. Verbesserungen zu schaffen, die auch anderen Teammitgliedern helfen, erzeugen Wohlwollen und Respekt. Wenn Sie mit Scrum arbeiten, sollten Sie erst diese wichtige Verbesserung vornehmen, bevor Sie mit neuen Features beginnen.

5) Lassen Sie die Teammitglieder die Stimmung im Team bewerten. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie z. B. die Happiness Metric. Das Team kann die Stimmung über einen bestimmten Zeitraum einfangen und darüber sprechen, wie man sie verbessern kann. Einige Beispielfragen für die Stimmung im Team wurden vom Agile Coach und Unternehmenspsychologen Christiaan Verwijs entwickelt:

  1. In meinem Team fühle ich mich gut und stark.

  2. Ich bin stolz auf die Arbeit, die ich für mein Team leiste.

  3. Ich bin begeistert von der Arbeit, die ich für mein Team leiste.

  4. Ich empfinde die Arbeit, die ich für mein Team leiste, als sinnvoll und lohnend.

Diese Punkte können auf einer Skala von 1 bis 5 oder 1 bis 7 bewertet werden. Der obige Link führt zu einem guten Artikel zu diesem Thema.

6) Teams sollten lernen, effektive Teams zu sein. Wie können wir davon ausgehen, dass eine Gruppe von Unbekannten in einem Team mit hohen Standards und wenig bzw. gar keinem Training zusammenarbeiten kann? Teams sollten etwas über verschiedene Teammodelle lernen, wie beispielsweise das Tuckman Model, das von Bruce Tuckman in diesem Artikel vorgestellt wurde. In effektiven Teams gibt es eine gemeinschaftliche und regelmäßige Zusammenarbeit. Das bedeutet, dass effektive Teams ihre laufenden Arbeiten reduzieren und Multi-Tasking so weit wie möglich vermeiden. Daniel Pink gibt in seinem Buch Drive tolle, wissenschaftlich fundierte Ideen. Schlagen Sie Ihrem Team vor, sich dieses illustrierte Video von Dan Pink’s Ted Talk anzuschauen. Coach K spricht darin ausführlich darüber, wie er die US-amerikanische Olympia-Basketballmannschaft von einer Verlierermannschaft, bestehend aus einzelnen NBA-Superstars, in ein erfolgreiches, zusammengeschweißtes Olympia-Team verwandelt hat. Coach K spricht in seinerRede an der Duke University im Detail über seine Erfahrungen. Außerdem hat er ein Buch über das Thema geschrieben, The Gold Standard: Building a World-Class Team.

7) Wenn wir leistungsstarke Teams wollen, müssen wir auch in diese Teams investieren, und das beinhaltet Training und Coaching. In Scrum ist der Scrum Master dafür verantwortlich, ständig Verbesserungsmöglichkeiten für das Team zu finden. Ein guter Scrum Master findet heraus, wie ein Team selbstorganisiert, engagiert, belastbar und effektiv wird. Holen Sie sich gute Trainer zur Hilfe, lernen Sie von ihnen und entwickeln Sie selbst die Fähigkeiten, um Ihre Mitarbeiter zu coachen.

8) Implementieren Sie Scrum. Scrum ist ein minimalistisches Framework für die Erledigung von Aufgaben. Es ist ein teambasiertes Framework, in dem eine organisatorische Umstrukturierung um die Teams herum stattfindet und in dem die Silos in Organisationen aufgebrochen werden. Seit dem ersten Scrum Team von 1993 hat sich Scrum weiterentwickelt und der große Erfolg von Scrum in 2016 kam nach 23 Jahren praktischer Anwendung und Weiterentwicklung quasi über Nacht. Einige große Namen, die Sie vielleicht kennen und bei denen mit Scrum gearbeitet wird, sind beispielsweise Amazon, Salesforce, Jon Deere, Ericsson, Twitter und viele andere.

9) Finden und probieren Sie effektive organisatorische Muster. Vielen Leuten fallen Dinge auf, die gut funktionieren und sich wiederholen lassen. Statt diese Dinge mit streng definierten, testbaren Forschungskriterien zu kodifizieren, werden diese Beobachtungen von der „Pattern Community” gesammelt und als „Patterns” veröffentlicht. Möchte man diese Muster übernehmen, muss man aber auch auf den Kontext achten, denn Muster, die in einem Kontext funktionieren, sind nicht automatisch passend für einen anderen Kontext. Dennoch bieten sie gute Ideen mit viel Information, die man auch in einem anderen Kontext ausprobieren kann. In der Software Community werden solche Patterns seit den 90er Jahren gesammelt, um Lösungen für Code und für Organisationen zu finden. Diese Muster können in Büchern und im Internet gefunden werden. Einige wichtige Muster für Teams sind unter anderem Stable Teams, Swarming und One-Piece Continuous Flow, Illegitimus Non Interruptus, Whack The Mole und das interdisziplinäre Entwicklungsteam.

Zusammenfassung der Tipps für leistungsfähigere Teams

Dies sind neun tolle Ideen, von denen die meisten allerdings viele Facetten haben und sich nicht immer ganz leicht umsetzen lassen. Und genau das ist wahrscheinlich schon der wichtigste Punkt. Großartige Teams entstehen nicht einfach aus dem Nichts, sie werden durch einen Prozess und Disziplin geschaffen – sie sind wie eine Reise, die jeder im Team antreten muss. Großartige Teams bieten viele großartige Erfahrungen und sind die permanenten Bemühungen wert – da können Sie Coach K fragen!

Dieser Text stammt aus dem Blog von Robin Dymond und wurde von uns ins Deutsche übersetzt.