Keine Credit Points für unfertige Stories

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Mike Cohn

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Nah dran zu sein zählt nur beim Hufeisenwerfen und bei Handgranaten. Das ist meine Antwort auf die Frage, ob auch fast fertiggestellte Stories bei der Berechnung der Velocity einbezogen werden sollten. Im Folgenden möchte ich erklären, warum ich das so sehe.

Die Problematik unfertiger Stories

Wenn ein Team am Ende eines Sprints viel aber eben nicht alles erledigt hat, möchte es im Regelfall einen Teil dieser Arbeit angerechnet bekommen. Dann wird beispielsweise behauptet, die Arbeit sei zu 90% erledigt und das müsse auch angerechnet werden.

Das macht ein Team aber nur, wenn dabei genügend Story Points herausspringen. Eine Story zu 90% zu erledigen, die nur einen Story Point bekommen würde, würde sich nicht lohnen. Schließlich würde man dann lediglich 0,9 Points bei der Velocity angerechnet bekommen. Bei User Stories, die 8, 13 oder 20 Points einbringen würden, sieht die Sache schon anders aus. Solche Stories sind meistens einfach zu umfangreich, als dass sie vollständig in nur einem Sprint fertig gestellt werden könnten.

Teams sind oft sauer darüber, wenn der Scrum Master die Anrechnung von unfertigen Arbeiten nicht erlaubt. Sie denken sich dann: “Du wirst schon sehen, was du davon hast.” Natürlich wollen sie ihm dann zeigen, wie blöd diese Regel ist, indem sie immer alle Stories abschließen. Dafür müssen die Stories aber erst in kleinere Teile unterteilt werden. Das sind übrigens alles Dinge, die der Scrum Master gut findet! Ein Vorteil dieser strengen Regel ist also, dass Teams die Stories in kleinere Teile aufbrechen und sich mehr anstrengen, alles in einem Sprint fertig zu bekommen.

Erfahrungsgemäß kommt es dabei jedoch auch zu einem großen Problem. Und zwar, dass die meisten Teams ihren Fortschritt zu hoch bewerten. Sie behaupten z. B. bereits 90% erledigt zu haben, obwohl es in Wirklichkeit nur 70% sind.

Leider fühlt es sich aber gut an, mehr Fortschritt anzugeben – immerhin kann man dann ja eine höhere Velocity erreichen. Allerdings wird das gute Gefühl nicht lange anhalten. Wenn man nämlich anhand der durchschnittlichen Velocity des Teams anschließend einschätzen möchte, wie viel Zeit für die verbliebenen Arbeiten noch benötigt wird, wird man den Aufwand viel zu gering einschätzen.

Darf ein Team also nie angefangene Arbeiten bei der Berechnung der Velocity angerechnet bekommen?

Doch. Wenn die Teammitglieder früh genug bemerken, dass eine Story in diesem Sprint nicht fertig wird und sie diese dann aufsplitten, dürfen sie sich die fertiggestellten Dinge anrechnen lassen. Das muss aber so früh geschehen, dass sie sich damit nicht einfach nur eine höhere Velocity erschummeln können. Eine Story am letzten Tag noch im Verhältnis 90% zu 10% aufzuteilen, ist nur der Versuch, noch ein paar Story Points mehr zu bekommen. Grundsätzlich kann man sagen, dass eine solche Unterteilung immer nur so lange vorgenommen werden sollte, wie noch kein Teil der Story fertig ist. Der Scrum Master sollte die Teammitglieder immer dazu auffordern, ehrlich mit sich selbst zu sein – denn sie wissen schließlich am besten, ob sie mogeln.

Dieser Text stammt aus dem Blog von Mike Cohn und wurde von uns ins Deutsche übersetzt.

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